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Bild Dir Deine Meinung von Pressefreiheit

Bild-Zeitung Arnulf Ramcke

Den Ausschluss ihres Reporters vom Prozess gegen zwei mutmaßliche IS-Terroristen bläht ein „Bild“-Kommentator auf die Größe der Ermittlungen gegen Netzpolitik.org auf.

„Angriff auf die Pressefreiheit“ titelt die „Bild“-Zeitung – und entrüstet sich damit nicht etwa über das Verhalten des Generalbundesanwalts gegen zwei Journalisten von Netzpolitik.org wegen Landesverrats.  Bild-Digital-Chefredakteur Julian Reichelt bemüht das Grundgesetz im larmoyanten Streben, auf der großen Welle des tatsächlichen Skandals Nichtigkeiten in eigener Sache abzureiten. Den Abstieg ins tiefe Tal der Jammerei hat Reichelt mit seiner Entscheidung angetreten, die Gesichter der beiden Angeklagten im IS-Prozess in Celle gegen die Anordnung des Oberlandesgerichts  unverpixelt zu veröffentlichen. Als Folge entzog der Vorsitzende Richter dem  Reporter der „Bild“-Zeitung die Akkreditierung.

Damit hat sich der Richter aus „Bild“-Sicht erdreistet, von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht. Aber auch ohne diese Vorgabe  wäre die unbearbeitete Veröffentlichung der Fotos fragwürdig gewesen. Das im Presserecht definierte Persönlichkeitsrecht ist recht klar: Danach ist zwar das öffentliche Fotografieren gestattet. Die Veröffentlichung der Fotos darf jedoch nur mit Zustimmung des Abgebildeten erfolgen. Etwas anderes gilt nur für Personen der Zeitgeschichte. Ob die beiden Angeklagten als solche gelten, ist höchst zweifelhaft.

Das alles weiß Julian Reichelt natürlich. Die Dehnbarkeit des Persönlichkeitsrechts auszuloten, ist Teil seines täglichen Geschäfts. Dabei geht es nicht nur um Paragrafen, sondern auch um Befindlichkeiten. Der Richter von Celle hatte kein Verständnis für die Missachtung seiner Anweisung. Dumm gelaufen – den Versuch war’s wert, sagen Erwachsene. „Angriff auf die Pressefreiheit“, kommentiert Reichelt.

Nun bestünde rein hypothetisch die Möglichkeit, der „Bild“-Mann habe tatsächlich das hohe Gut der Rechtsstaatlichkeit entdeckt und dränge aus tiefster Überzeugung auf dessen Einhaltung. Nicht in eigener Sache, sondern der Sache wegen. Solchen Verdächtigungen mag sich Reichelt denn nun doch nicht aussetzen. Im zweiten Satz seines Kommentars schafft er Klarheit: „In Celle stehen zwei deutsche ISIS-Terroristen vor Gericht. Das ,mutmaßlich‘ kann man sich getrost sparen.“

Na da schreiben wir doch mal flugs das Strafrecht und dessen Begriff der Unschuldsvermutung um. Sie bezeichnet den Grundsatz, dass ein Angeklagter bis zur Feststellung seiner Schuld durch ein Urteil als unschuldig zu gelten hat. Solange stehen „mutmaßliche Terroristen vor Gericht“. Ob’s gefällt oder nicht. Das Prinzip der Unschuldsvermutung ist Teil des Rechtsstaatsprinzips. Wie auch das Presserecht.

Foto:  Fotolia.com

 

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