Das Symbol „Daumen runter“ soll bei Facebook nicht abwerten, sondern da Mitgefühl ausdrücken, wo ein „Gefällt-mir“ eigentlich nicht geklickt gehört. Überzeugen kann dieser Anspruch auf die neue Deutungshoheit nicht.

Zwei Gladiatoren bekämpfen sich im alten Rom bis aufs Blut. Der Unterlegene liegt im Staub der Arena, reckt die Hand als Zeichen der Aufgabe nach oben. Wird ihm der Sieger den tödlichen Schwerthieb versetzen oder lässt er Gnade walten? Darüber, so haben uns die cineastischen Monumentalschinken von Ben Hur bis Ridley Scotts „Gladiator“ gelehrt, entschieden die grölende Menge und der Imperator selbst: Bei Daumen runter gab’s die Bahre, Daumen rauf bedeutete Trage.

Gut für Facebook, dass Historiker diese Interpretation der Handbewegung als zumindest fragwürdig bewerten. Demnach könnte es genau andersherum gewesen sein,  und der nach oben gereckte Daumen  als Symbol für das Schwert galt als Aufforderung an den Sieger, den finalen Hieb zu schlagen. Sollte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg tatsächlich einen „Gefällt-mir-nicht“-Knopf im Netzwerk installieren, käme dies demnach nicht der Aufforderung zum Töten gleich. Historisch betrachtet existiert eine Proklamation fürs Ableben dann allerdings bereits seit der Gründung 2004 mit Einführung des „Gefällt-mir“-Buttons.

Unterstellt, noch niemand habe mit einem nach oben gereckten Daumen etwas anderes als Zustimmung und Anerkennung ausdrücken wollen, bleibt für die 180-Grad-Kehre des stärksten unserer Finger nur eine inhaltsschwere Deutung: Gefällt mir nicht, ist Mist, lehne ich ab. Ultima Ratio, es gibt kein Zurück mehr, das Urteil ist gesprochen. „Dislike“ bietet keine Erklärung. Die Vernichtung steckt in nur einem Wort und wiegt daher umso schwerer. Jeder Post wird zur Abstimmung, und wenn das stolz geteilte Hochzeitsfoto fünf „Gefällt-mir“, aber 50 „Gefällt-mir-nicht“-Beurteilungen erntet, wird der schönste Tag des Lebens für alle, deren Ego von Daumenhaltungen abhängt, zum Trauerspiel.

Ausgereift ist allerdings auch die aktuelle Meinungssymbolik nicht. 100 „Gefällt-mir“-Klicks unter einem Bericht über Not und Elend sollen von der Community nicht als psychopathischer Zynismus missverstanden werden, sondern gelten als Zeichen – ja von was eigentlich?  „20 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken „. Klick. „Gefällt mir“. Hoffentlich nicht.

Genau diese Brache empathischer Artikulationsmöglichkeiten gibt Zuckerberg vor mit dem neuen Knöpfchen begrünen zu wollen. Demnach steht „Daumen-runter“ nicht für Ablehnung, sondern für Anteilnahme und Mitgefühl. Anders als bei Reddit, wo es tatsächlich ausschließlich um die Bewertung von Beiträgen geht, will uns der Facebook-Boss glauben machen, bei ihm werde die Symbolik „Gefällt-mir-nicht“ als Synonym für Herzenswärme eingeführt. Träfe dies zu, würde Zuckerberg das Prinzip von Facebook in Frage stellen, wo es fast nie um Empathie und fast immer um Selbstdarstellung geht – um Statusberichte zur eigenen Legendenbildung eben. Was Historikern nicht gelang, wird Zuckerberg nicht schaffen: „Daumen runter“ heißt „Daumen runter“.

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